serbische Kunst.

serbische Kunst.
sẹrbische Kunst.
 
Die serbische Kunst begann mit der Christianisierung der Serben durch östliche Missionare (9. Jahrhundert). So hatte sie von Anfang an ein religiöses und östliches Gepräge. Mitbestimmend wurde der Einfluss noch vorhandener frühchristlicher und frühbyzantinischer Denkmäler. Die Blütezeit der serbischen Kunst im Mittelalter war bedingt durch die im Osten an Byzanz angrenzende, im Westen bis zur Adria reichende Lage des serbischen Reiches und dessen staatliche Entwicklung. Sie erreichte wie der Staat ihren Höhepunkt im 14. Jahrhundert.
 
Seit der Unabhängigkeit von Byzanz 1180 begünstigte die Nemanjidendynastie eine höfische und klösterliche Baukunst, in der zunächst westlich-romanische Einflüsse die vorherrschende byzantinische Tradition überlagerten. Stephan Nemanja, der Begründer des serbischen Staates, ließ 1183-96 die Kirche und das Kloster in Studenica erbauen, wo er und seine Nachfolger beigesetzt wurden. Die zunächst aus einem einschiffigen Langhaus mit einer Kuppel über quadratischen Tambour bestehenden Kirchen wurden schon in Raszien, dem serbischen Kernland, weiter ausgebildet durch zwei kleine Apsiden zu beiden Seiten der Hauptapsis und niedrige Vorhallen (so in Studenica). Zu dieser Gruppe gehören die Klosterkirchen in Žiča bei Kraljevo (1208 geweiht; Sitz des ersten serbischen Erzbistums), in Sopoćani (vor 1263), die Apostelkirche des Patriarchenklosters in Peć (Mitte 13. Jahrhundert), an die im 14. Jahrhundert zwei seitliche Kirchen angebaut wurden, und, als vollendetste dieses Typus, die Klosterkirche in Dečani (zwischen 1327 und 1335), die ein dreischiffiges Presbyterium mit drei Apsiden, ein fünfschiffiges Langhaus mit hoher Kuppel und ein dreischiffiges Atrium aufweist; die am Außenbau wechselnden Schichten von hellerem und dunklerem Stein sowie die Blendarkaden unter dem Dachansatz erinnern an romanische Bauten; der Hauptarchitekt Fra Vita war ein Franziskaner aus Kotor. Eine zweite Gruppe bilden die Kirchen in Südserbien, dem Zentrum der Staatsverwaltung seit König Stephan Uroš II. Milutin (1282-1321). Bei ihnen verstärkte sich die byzantinischen Komponente. Ihren Grundplan bildet das Kreuz, manchmal mit einem verlängerten Arm; um die Hauptkuppel gliedern sich vier niedrigere, so bei der Kirche des Klosters Gračanica bei Priština (zwischen 1311/12 und 1321) und der Kirche des Erzengels Michael in Lesnovo (um 1341). Den Kirchen der dritten Gruppe, im Moravatal (Moravaschule), im frühen 15. Jahrhundert das letzte selbstständige serbische Gebiet, ist bei aller Verschiedenheit eine Dreikonchenanlage gemeinsam (Kirche des 1381 gegründeten Klosters Ravanica bei Ćuprija; Kirche des Klosters Manasija in Resava, 1407-18; Klosterkirche von Kalenić, Anfang 15. Jahrhundert). Sie zeichnen sich zudem durch farbigen Ziegelschmuck und bauplastischem Dekor in Flachrelieftechnik aus.
 
Die serbische Malerei entwickelte sich unter dem dominierenden Einfluss der byzantinischen Malerei. Noch rein byzantinisch sind die Fresken in Ohrid (v. a. Sophienkirche und Muttergotteskirche) und in Nerezi (Klosterkirche des heiligen Pantaleon, 1164). Die ersten serbischen Fresken mit großfigurigen Kompositionen entstanden 1208/09 in der Muttergotteskirche in Studenica. In der Folgezeit entwickelten sich zwei Malweisen, die in der Dreifaltigkeitskirche in Mileševo nebeneinander auftreten: ein antikisierender, mit Goldgrund prunkender höfischer und ein monastischer Stil mit blauen Gründen, der sich am reinsten in der Apostelkirche des ehemaligen Patriarchenklosters in Peć (um 1250) zeigt. Ihren Höhepunkt erreichte die serbische Malerei in der Dreifaltigkeitskirche des Klosters Sopoćani (1263-68) mit großfigurigen freien Monumentalkompositionen. Die palaiologische Renaissance fand durch die beiden Hofmaler König Stephan Uroš II. Milutins, Michail Astrapas und Eutychios, Eingang in die serbische Malerei. Sie waren u. a. in Prizren (Metropolitankirche Bogorodica Ljeviška, 1310-13), im Kloster Studenica (Königskirche, 1314) und im Kloster Staro Nagoričane (bei Kumanovo, zwischen 1316 und 1318) tätig; sie bedeckten die Wände mit vielen kleinen Szenen voll bewegter Figuren und erweiterten die Ikonographie. Dieser Stil, der in den Wandmalereien der Klosterkirche von Gračanica (1321 vollendet) gipfelt, uferte danach zu überladenen Darstellungen aus, wie in Partien des von griechisch-dalmatinischen Meistern ausgeführten Freskenprogramms in der Kirche von Dečani (1335-50). Während sich in den Fresken des Marko-Klosters bei Skopje (nach 1371) italienisch-byzantinische Einflüsse bemerkbar machen, nähert sich die wieder übersichtlichere Malerei der Moravaschule im frühen 15. Jahrhundert zunehmend dem westlichen internationalen Stil der Gotik. - Unter der Osmanenherrschaft blühte die Malerei nach der Wiedereinsetzung des Patriarchats von Peć (1557) noch einmal auf, etwa in den Kirchenvorhallen von Peć (1561) und Studenica (1568). - Die Ikonenmalerei ist in der serbischen Kunst nur von untergeordneter Bedeutung. Im 14. Jahrhundert lassen sich eine vergleichsweise realistische dalmatinische und eine streng byzantinische Richtung unterscheiden. Die Miniaturmalerei wurde in den serbischen Klöstern, besonders auf dem Athos, gepflegt, wo die Traditionen byzantinischer Malerei bis heute weitergeführt werden. - Im 18. Jahrhundert breitete sich der europäische Barock in verschiedenen Gebieten des ehemaligen großserbischen Reiches aus, am ausgeprägtesten in Slowenien, aber auch im Donauraum, in der Wojwodina. Im 19. Jahrhundert entfaltete sich neben einer frühbürgerlichen klassizistischen Porträtmalerei die Historienmalerei mit nationaler Thematik. In der Architektur, die seit dem 16. Jahrhundert zahlreiche Bauten nach türkischem Vorbild hervorbrachte (u. a. Moscheen), entstanden seit Mitte des 19. Jahrhunderts Bauten im Stil des Klassizismus und Historismus besonders Wiener Prägung, später spielte auch der Wiener Jugendstil eine Rolle. In der modernen Architektur und Kunst des 20. Jahrhunderts wurden neben nationalen Traditionen v. a. westeuropäische Einflüsse wichtig.
 
 
R. Hamann-MacLean u. H. Hallensleben: Die Monumentalmalerei in Serbien u. Makedonien vom 11. bis zum frühen 14. Jh., 4 Bde. (1963-76);
 S. Radojčić: Gesch. der s. K. (a. d. serbokroat. Manuskript, 1969);
 V. J. Durić: Byzantin. Fresken in Jugoslawien (a. d. Serbokroat., 1976);
 
Kunstdenkmäler in Jugoslawien. Ein Bild-Hb., hg. v. L. Trifunović, 2 Bde. (a. d. Serbokroat., Leipzig 1981);
 D. Medaković: Serb. Barock. Sakrale Kunst im Donauraum (a. d. Serbokroat., Wien 1991).

Universal-Lexikon. 2012.

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